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VCD Wolfenbüttel,  ADFC Wolfenbüttel
Stand: 2002-05-26

Wieviel taugt die Straßenverkehrsordnung?

Eines meiner Lieblingsthemen ist, ob die StVO denn wenigstens minimale Ansätze von Konsistenz (interne Widerspruchsfreiheit) und Nachvollziehbarkeit erkennen lässt. Ein einfacher, grundsätzlicher Vorschlag, um diesem Ziel näherzukommen, ist die Änderung der Vorfahrtregeln, und zwar so, dass die heutigen Schilder konsequent für alle Verkehrsteilnehmer gelten (nicht nur für Fahrzeuge).

Logisch?!

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist ein Regelwerk, dass als Ordnung einen Rechtscharakter hat, aber eigentlich vielmehr ein Design (also die Gestaltung einer Benutzeroberfläche) für unser Zusammenleben auf der Straße darstellt. Wie sehr sie den Ansprüchen an gutes Design (leicht zu erlernen, einleuchtend, sicher, fehlertolerant usw.) gerecht wird, soll an einem Fallbeispiel gezeigt werden.

Vorfahrt und Fußgänger

Vorfahrtstraßen sind bekannte Einrichtungen des Straßenverkehrs und geben den Fahrzeugen der einen Straße an einer Kreuzung gegenüber denen der anderen Straße die Vorfahrt, also das Vorrecht, die Kreuzung als erste passieren zu dürfen. Diese Regelung gilt aber wie gesagt nur für Fahrzeuge, also nicht für Fußgängerinnen (auch dann nicht, wenn diese Fahrzeuge mitführen, z.B. den berühmten "Handkarren" oder ein geschobenes Fahrrad) (StVO § 8 (3)).

Eine andere Regelung sagt aber eindeutig, dass abbiegender Verkehr vor dem Geradeausverkehr nicht bevorrechtigt ist und diesem daher die Vorfahrt zu gewähren hat. Diese Regelung gilt ausdrücklich auch für Fußgänger, diese haben also Vorrang gegenüber dem abbiegenden Radfahrer oder der abbiegenden Autofahrerin (StVO § 9 (3 u. 4)). "Wanderer kommst Du an eine Kreuzung, verkündige dort die Regeln der Vorfahrt." Leichter gesagt als getan ... Geht die Fußgängerin auf (dem Fußweg) der Vorfahrtstraße, so ist sie gegenüber dem Autofahrer aus der einmündenden für den Fahrzeugverkehr nicht vorfahrtberechtigten Straße nicht bevorrechtigt, sie muss also das Auto einmünden lassen und stehen bleiben. Doch sehr wohl hat sie Vorfahrt (Vorgang?) gegenüber einer aus der Vorfahrtstraße abbiegenden Autofahrerin. - Soweit alles klar?

Quert jedoch der Fußgänger die Vorfahrtstraße ist er gegenüber einer aus der Seitenstraße abbiegenden Autofahrerin bevorrechtigt, nicht aber gegenüber dem Verkehr der Vorfahrtstraße.

Wer bis hierher folgen konnte, dem fällt natürlich sofort auf, dass auch auf dem Fußweg fahrenden Kinder (bis sieben Jahren Pflicht, bis zehn Jahren erlaubt) wie Fußgänger behandelt werden und damit keine Vorfahrt gegenüber einmündendem Verkehr haben. Die auf der Straße fahrenden Eltern (die dort fahren müssen!) haben diese Vorfahrt selbstverständlich. - Immer noch alles klar?

Außerdem gibt es ja auch noch die Einrichtung der "Abknickenden Vorfahrtstraße" (Zeichen 306 ergänzt durch Zeichen 845), die natürlich ebenfalls nur für Fahrzeuge gilt. Das heißt, dass der mit Vorfahrt abbiegende Fahrzeugverkehr selbstverständlich gegenüber Fußgängern, die die Straße geradeaus queren nicht vorfahrtberechtigt ist, da ja abbiegende Fahrzeuge den Fußgänger passieren zu lassen haben (StVO § 42 (1)).

Spätestens jetzt ist die Leserin und der Leser reif ... nicht für die Insel ... für einen kleinen Test! Für die Lernzielkontrolle genügt es, nur die Fußgängerinnen (1, 2, 3) zu betrachten. Welche hat Vorrang vor welchen Autofahrer (A - F) und muss welchen anderen passieren lassen? - Die Auflösung verrate ich auf der nächsten Seite! - Ist doch logisch, oder?


Stefan Brix
sx@brix.de

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