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VCD Wolfenbüttel,  ADFC Wolfenbüttel
Stand: 2006-03-18

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Ein Beiwagen für's Fahrrad (Erfahrungsbericht)

Es begann mit einem Geschenk, das ursprünglich nicht mal für mich bestimmt war. Nur dadurch, dass ich schneller mit dem Anbau war, wurde mein Fahrrad (28") zum Versuchsträger für einen Beiwagen Typ "packy" der Firma Sprick.

Was ist das für ein Beiwagen?

Der Beiwagen hat ein feststehendes 20" Rad (wie so ein richtig schönes altes Klapprad) und ist komplett um eine kunststoffgelagerte Stange um die Längsachse des Fahrrades schwenkbar, so dass das Rad sich weiterhin wie ein Zweirad fahren lässt und sich in die Kurve legen kann. Zieht man die Stange, um die der Wagen schwenkt, aus dem Gelenk heraus, ist der Wagen vom Rad getrennt. Am Rad selbst bleibt nur die Halterung zurück, die an vier Punkten befestigt ist: Jeweils auf den Enden der Hinterachse, links an der unteren Strebe des Hinterbaus und mit einer Stange rechts an der Schraube der Sattelstütze.

   
So sieht der Beiwagen aus. Alle Bilder sind einer Fotokopie des Prospektes entnommen. Ich habe also weder das bloße Bein der Frau noch die Getränkedosen zu verantworten!     Hier wird die Montage (oder Demontage) gezeigt. Der Vorgang geht schnell, aber der Beiwagen ist ohne Rad sehr unhandlich.

Anbauen muss man das Ding auch

Die Montage kostete mich fast eineinhalb Stunden, da die Stange von der Sattelstützenschraube zum Hilfsrahmen zu lang war (die Verstellmöglichkeiten sind eher dürftig) und der Hilfsrahmen einige Biegearbeit nötig hatte. Außerdem musste der Bowdenzug der Nabenschaltung deutlich verstellt werden, da an dem Hilfsrahmen recht dicke Metallaschen geschweißt sind, die stark auftragen. Das könnte bei kürzeren Achsen unlösbare Probleme geben. Leider hat auch der Gepäckträger weichen müssen, da die Stange von hinten rechts des Hilfsrahmens nach oben zur Sattelstützenschraube sich nicht durch den Gepäckträger (Burley-Nachbau) fädeln ließ. Für den Alltag wäre das sicher nicht tolerabel.

Der Einsatz im Alltag

Die erste Probefahrt war die Überführungsfahrt des Gerätes, die immerhin über 15 km ging. Dabei wurde schon deutlich, dass man den Beiwagen "merkt". Es ist schwierig, das Rad des Beiwagens wirklich parallel zu den Räder des Fahrrades auszurichten. Wie gut diese Arbeit gelungen ist, merkt man unmittelbar im Rollwiderstand des Gespanns. Auch bei nur mäßig aufgepumpten Beiwagenrad, neigt die gesamte Konstruktion zum Springen.

Man merkt es, denke ich, schon jetzt: Ich bin enttäuscht von dem Beiwagen, ja beinahe entsetzt. Vergleicht man den Beiwagen mit einem Anhänger, so stellt man eigentlich nur Nachteile fest. Diese sind wahrscheinlich vornehmlich prinzipbedingt. Die Firma hat schon ganz gute Arbeit geleistet, dass es überhaupt mit dem Anbau und den Fahreigenschaften soweit klappt. Das Rad lässt sich beispielsweise in zwei Aufnahmen unterschiedlicher Höhe montieren, so dass eine relative gute Montage auch an 26" Rädern möglich ist.

Konkret: Ein Beiwagen macht das Profil des Fahrrades einseitig breiter, das hört sich zwar nach einer Binsenweisheit an, aber man macht sich die Auswirkungen zu wenig klar. Zur rechten Seite ist das Rad samt Beiwagen wesentlich breiter als es mit Anhänger wäre; und das heißt, man muss dauernd daran denken! - Einen Anhänger kann man bei Geradeausfahrt praktisch vergessen, einen Beiwagen nicht. Noch stärker ist die Fahrdynamik beeinflusst: Insbesondere der beladene Beiwagen zerrt seitlich stark und vor allem ungewohnt am Rad. Ich bin bestimmt ein sehr geübter Fahrer und hatte gelegentlich leichte Probleme. Wenn jemand ohne große Fahrerfahrung ein Rad mit Beiwagen bewegt, ist das Hängebleiben praktisch vorbestimmt, wenn nicht vorher in einer etwas zügiger durchfahrenen Kurve Schlimmeres passiert. Dadurch, dass das Rad sich weiterhin neigt, muss der Beiwagen seitlich verschoben werden, wogegen er sich besonders dann wehrt, wenn er im Kurveninneren läuft (bei Rechtskurven) und das Beiwagenrad durch die Schiebebewegung zusätzlich an den Boden gerückt wird. In Linkskurven ist dieser Effekt etwas erträglicher, dennoch geraten Kurven, wenn man das Gespann nicht wirklich mit Nachdruck in die Kurve legt, schnell etwas größer als geplant.

Fatale Auswirkungen habe Bordsteine - auch die kleinen(!), die man häufig zwischen Rad- und Fußwegen findet - wenn sie seitlich touchiert werden, da der Beiwagen nicht ausweicht und nur sehr schlecht klettert. Es werden stattdessen große Kräfte seitlich in das Fahrrad eingeleitet, das nur durch kontraintuitive Lenkbewegungen wieder in den Griff zu bekommen ist. Wenn der Fahrer oder die Fahrerin hier nicht weiß, was zu tun ist, kann es sehr leicht gefährlich werden.

Entsprechend wird das Bremsverhalten beeinflusst, da das Beiwagenrad nicht gebremst ist. Auch hier gilt es, den Lenker deutlich festzuhalten, damit das Fahrrad in der gewünschten Spur bleibt. Ein weitere Nachteil bei Fahren ist, dass der Hacken des rechten Fußes am Beiwagen anschlagen kann.

Beim Transport selbst gibt es auch noch einige Mängel: Der Beiwagen ist insgesamt nur ein Drahtkorb, dessen Material viel zu glatt und zu grobmaschig ist. Außerdem ist der Korb viel zu flach. Kleinteile kann man nicht einfach hinlegen, sie springen bei der nächsten Bodenwelle heraus oder fallen gleich durch. Getränkekisten rutschen trotz Spanngurten hin und her. Beim Transport zweier Kisten Mineralwasser, was nur übereinander möglich ist, weil die Grundfläche zu klein ist, kommt bei Kurvenfahrt das Sattelrohr der Ladung sehr nahe.

Wenn man der Werbung für den Beiwagen glaubt, soll man darin auch Kinder tranportieren können, wovon ich dringend abrate!

Wer übrigens glaubt, dass der Beiwagen "handlich" sei, sieht sich ebenfalls getäuscht. Das Rad ist nur schlecht zu rangieren, da sich Fahrrad und Beiwagen ständig seitlich verspannen. Unbeladen kann man den Beiwagen ja hochklappen, aber auch auf einem Zweibeinständer steht das Rad mit hochgeklappten Beiwagen nur sehr unsicher, die Breite wird durch das Hochklappen nur unwesentlich kleiner. Das Fahrrad mit Beiwagen in den Keller zu tragen, ist eine Qual. Trennt man den Beiwagen vom Rad, ist dieser ein "Etwas" mit einem Rad, das nicht allein steht und insgesamt sehr sperrig ist.

   
Eine dynamische Fahrszene, die leichter aussieht, als es in Wirklichkeit ist.     Obwohl ich für vieles zu haben bin, würde ich das hier gezeigte nicht nachmachen wollen! - An der Art der Kinderkarre mag man übrigens das Alter des Prospektes schätzen!

Fazit

Von der Gesamtkonstruktion rate ich aus prinzipiellen Gründen ab. Zwar könnte man einige konstruktive Verbesserungen vornehmen, das Konzept bliebe aber unberührt und dessen Nachteile bestehen. Ich sehe keinen einzigen Grund, warum der Beiwagen einem Anhänger vorzuziehen wäre. Ein Anhänger ist flexibler, auch allein zu benutzen und beeinflusst die Fahreigenschaften eines Rades gemessen an der Transportkapazität nur wenig. All das kann der Beiwagen nicht, auch hat er keine Federung.

Es hat also seinen Grund, warum Beiwagen an Fahrrädern nur selten zu sehen sind und als Exoten gelten. Auch bei mir sind die Anbauteile wieder von Rad verschwunden. - Braucht noch jemand einen Beiwagen? Ich hätte einen abzugeben ...

[...]

Der Beiwagen ist inzwischen abgegeben, doch gelegentlich erreichen mich Anfragen, ob ich nicht noch so einen hätte und wer der Hersteller ist, ob es Ersatzteile gäbe usw. - Ich habe keinen Beiwagen mehr, auch bei der Firma Sprick ist er schon lange aus dem Programm genommen, so dass weder bei mir noch bei Firma Sprick Anfragen nach Beiwagen und deren Eratzteile sinnvoll sind. Das hört sich vielleicht etwas sehr abweisend an, entspricht aber schlicht der Realität.

Wenn es wirklich soviele Beiwagen-Fans geben sollte, dann könnte ja tatsächlich eine Entwicklung auf diesem Gebiet stattfinden. - Auch wenn ich dem Beiwagen hier ein eher schlechtes Zeugnis ausgestellt habe, würde ich in diesem Falle gerne davon wissen!

Tatsächlich hat sich jemand an eine Beiwagen-Neukonstruktion gewagt: Die velotrade GmbH in Ostfriesland bietet Kinder- sowie Lasten-Seitenwagen an, die wirklich toll aussehen, gefahren bin damit allerdings noch nicht.


Stefan Brix
sx@brix.de

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